Kunstschätze in Bürgstein

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Mario
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Kunstschätze in Bürgstein

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Kunstschätze in Bürgstein

1. Braun von Braun
Vielleicht in keinem Orte Böhmens, Prag, Lissa und Bad Kubus ausgenommen, trifft man so viele Arbeiten des berühmten Bildhauers Mathias Braun von Braun (gest. 1738) wie in Bürgstein, und diese verdienen unter den besten und gelungensten seines Meißels gezählt zu werden. Zu verwundern ist wahrlich, daß in keiner Topographie, ja nicht einmal in Pelzel's Abbildungen böhmischer Künstler und Gelehrter, wo sämtliche Werke Braun's mit großer Genauigkeit aufgezählt werden, jener zu Bürgstein Erwähnung geschieht. Ich glaube also einem kunstliebendem Publikum einen Gefallen zu tun, wenn ich selbe hier anführe. Neben der Dechanten zeichnet sich besonders ein Kruzifix mit drei lebensgroßen Nebenfiguren auf einem hohen Piedestal aus, welches eine Szene aus dem Leiden Christi en basrelief ziert. An diesem wird besonders die Korrektheit der Zeichnung und Reinheit der Ausführung gerühmt. - Das Portal des gräflich Kinsky'schen Schlosses schmücken drei Figuren: Atlas, Diana und Teres, gleichfalls von unserem Meister. Leider hindert die Höhe des Standortes eine bequeme und genaue Betrachtung. Im Inneren des Schlosses selbst prangen in zwei hohen Nischen zwei kolossale Gruppen, die eine Merkur und Argus, die andere Herkules und Omphale darstellend. Letztere Gruppe zeigt vorzüglich, wie meisterhaft Braun seinen kunstreichen Meißel zu handhaben verstand. Seine Marienstatue an der Straße nach Haida hemmt, ohne die gewöhnliche Aufschrift der Heiligen-Statuen und Grabsteine: Sitte Viktor etc. zu führen, die Schritte des vorübergehenden Kunstkenners. Die einzelnen Schönheiten der angeführten Bildsäulen lobend hervorzuheben, halte ich für überflüssig, da schon der Name eines Mathias Braun ihre Trefflichkeit den geehrten Lesern genugsam verbürgt.

2. Die Marien-Statue an der Heider Straße (eine Volkssage)
An der Straße, die von Bürgstein nach Haida führt, steht auf dem Platze, wo der Weg sich nach Johannesdorf abzweigt, eine Statue der heiligen Jungfrau Maria, die im Volksmund "die schwangere Mutter Gottes" genannt wird. Über die Errichtung dieser Statue wird in Bürgstein folgende Sage erzählt: "Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts lebte in Bürgstein ein Grundbesitzer, namens Elias Beckel, der einer der angesehensten Männer dieses Ortes war. Beckel bekleidete schon seit einer Reihe von Jahren das Amt eines Richters in der Gemeinde Bürgstein und galt allenthalben als ein kluger Landmann. Durch seine Ordnungsliebe und Pünktlichkeit mehrte sich mit jedem Jahre auch der Wohlstand seines Hauses; und Beckel war auch ganz der Mann, der es verstand, das, was er sein Eigen nannte, auf irgend eine Weise nutzbar und angenehm zu machen. Beckel war zugleich das Bild eines christlichen Hausvaters, mit Liebe herrschte, mit Ordnung regierte er, Arbeitsamkeit, Gehorsam, Sitteneinfalt und Gottesfurcht waren die Schutzgötter seines Hauses. Das er sich bei diesen lobenswerten Eigenschaften einer übergroßen Sparsamkeit befleißigte, möge hier nicht unerwähnt bleiben. Vielleicht wa es sein vorherrschend religiöser Sinn, oder ein Gelübde, oder sonst ein frommer Vorsatz, der den Richter Elias Beckel veranlasste, als ein Förderer christlicher Frömmigkeit auf seinem Felde (in geringer Entfernung von Bürgstein) eine Statue der heiligen Jungfrau Maria aus freinem Antrieb errichten zu lassen. Beckel ging in dieser Angelegenheit mit einem seiner Freunde zu Rate, der ihn an einen der tüchtigen Bildhauer in der Hauptstadt von Böhmen, dessen Ruf ein weiterverbreiteter war, empfahl. Die Unterhandlungen mit dem fremden Künstler gingen rasch von Statten und bald war man über den Kostenpreis der Statue, den der Künstler forderte, einig. Mit vollem Eifer ging der fremde Bildner an sein Werk. Das Standbild der Gottesmutter gedieh sichtlich unter dem Meißel des strebsamen Künstlers und die Schönheit der plastischen Formen erhöhte sich mit jedem Tag. Der Künstler hatte endlich sein Werk vollendet, von allen Seiten strömte die Bevölkerung aus der Umgebung daher und gab in Ausrufen ihre Bewunderung über die herrliche Gestalt der Himmelskönigin zu erkennen. Nur auf dem Gesicht des Gemeinderichters von Bürgstein lag ein Schatten des Unmutes, denn nicht ohne Bangen sah er der Stunde entgegen, wo seine schönen blanken Goldfüchse in die Taschen des Fremden wandern würden. Die Reue über die getroffene Übereinkunft peinigte ihn immer mehr, und aus diesem letzteren Beweggrunde machte er dem ihm freundlich grüßenden Künstler schlechthin kein Geheimnis mehr. Der Künstler vernahm mit immer größer werdenden Erstaunen solche Worte, als ihm aber der Richter in barschem Ton für das vollendete Standbild nur eine geringe Summe bot, da zuckte es um die Stirn des fremden Bildners, seine Augen funkelten und ein Stöhnen entrang sich seinem geöffneten Munde. Stürmisch pochte sein Herz an die starke Brust und in seinem jetzt rascher durch die Adern kreisenden Blute regte sich der Stolz des Künstlers. Der Künstler gehörte zu jenen eigentümlichen Wesen, die das Gepräge eines starken, unerschütterlichen Willens an sich tragen. An seinen Armen waren alle Muskeln straff und sein düsteres Auge ruhte starr auf einen am Boden liegenden Gegenstande. Es war ein großer eiserner Hammer, der Bildner hob ihn empor und warf ihn mit aller Gewalt wieder gegen den Boden, daß dieser ringsumher erbebte. Die Donnerrede seiner Worte aber raste fort wie ein Bergstrom. "Nur noch ein Wort", entrang sich's dem Munde des Künstlers, "und mein Werk liegt in tausend Trümmern zu Euren Füßen"! Mit finster umwölkter Stirn folgte der Richter jeder Bewegung des erzürnten Künstlers, dieser aber ergriff mit nerviger Faust den schweren Hammer, schwang ihn mit seinen sehnigen Armen hoch über seinem Haupte, um ihn mit aller Wucht auf das Denkmal christlicher Frömmigkeit niederschmettern zu lassen. In diesem Moment stürzte der Richter vor dem Künstler auf die Knie, und mit dem Rufe: "Haltet ein, haltet ein!" hielt er flehentlich die Hände zu ihm empor. Der Richter aber glich in diesem Augenblicke in Wahrheit dem Gebilde aus Stein, das der Künstler geschaffen. Als sein Geist wieder die Oberhand gewann, däuchte ihm das soeben Erlebte wie ein schwerer Traum, und ein tiefer, schweigsamer Ernst ruhte auf seinen blassen Zügen. Er erhob sich. Tief atmend, in voller Aufregung, stand der Künstler da, aus den Bebungen seiner Gesichtsmuskeln, wie aus dem bald auflodernden, bald verglimmenden Feuer seiner Augen sprachen nur zu deutlich die krampfhaften Bewegungen seiner Seele. Mit abgezogenen Hüte stand der Richter vor ihm, er wollte sprechen, er konnte nicht, nur in den feuchten Blicken, die er auf den Künstler heftete, sprach sich innig sein bewegtes Herz aus. Schweigend drückte er dem Künstler die Hand, dieser aber kämpfte in diesem Augenblicke den schwersten aller Kämpfe, den der Selbstüberwindung und reichte nur ungern dem Richter seine Rechte. Elias Beckel zahlte die geforderte Summe, der Künstler aber verschwand bald nach diesem Ereignisse aus dem Weichbilde von Bürgstein. Nach vielen Jahren wurde das schöne Standbild von dem Platze, wo es errichtet wurde, übertragen, und erhielt seinen gegenwärtigen Standpunkt an der Heider Straße. Eine Renovation erfolgte einige Jahre später, für die Vorübergehenden aber ist dieses Denkmal christlicher Frömmigkeit bis auf den heutigen Tag ein Gegenstand der Bewunderung und Verehrung.

(Eine neuerlich Renovation der Kreuzstatue bei der Pfarrei erfolgte im Sommer 1860. - Eine fotografische Aufnahme dieses schönen Denkmales erfolgte zuerst im Jahre 1864 von dem Fotografen Michler aus Großmergthal. Das Bild, nur in wenigen Exemplaren verbreitet, ist naturgetreu und rein ausgeführt.)

Quelle: Mitteilungen des Nordböhmischen Exkursions Klubs (Band 3, Seiten 34-36)
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