Die Sage den Kleißberg betreffend (Die sieben Rabensteine)

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Mario
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Die Sage den Kleißberg betreffend (Die sieben Rabensteine)

Beitrag von Mario »

Die Sage den Kleißberg betreffend bzw. "Die sieben Rabensteine"

Wenn man die von Haida nach Rumburg führende Kommerzialstraße gegen Röhrsdorf zu verfolgt, so erhebt sich links, kaum eine Stunde von ersterer Stadt, der bekannte, 391 Klafter hohe Kleißberg, an dessen, nun mit hohem Walde bewachsenen Gipfel man noch zu Ende des achtzehnten Jahrhunderts Spuren und Merkmale eines verfallenen Schlosses antraf, dessen auch Schaller in seiner Topographie des Leitmeritzer Kreises erwähnt und zugleich berichtet, daß in der, daselbst noch jetzt sichtbaren Höhle, ungefähr um das Jahr 1700, ein unterirdisches Feuer ausbrach, welches die umstehenden Bäume soll eingeäschert haben. - Von dieser Burg ist jedes Kennzeichen verschwunden, und weder Chronik noch Tradition hat uns Etwas über sie aufbewahrt; nur eine Sage ist vorhanden, die uns folgende Begebenheit erzählt:

Zur Zeit, als das erste Licht des Christenthums seine Strahlen segnend über Cechiens Fluren zu verbreiten anfing, hauste auf der Kleisburg, von Raub, Fehde und Wegelagerungen lebend, ein wilder Heide mit Namen Krako, die Geißel der ganzen Umgebung. Die wunderholde Tochter eines benachbarten christlichen Ritters hatte in seiner rohen Brust unlautere Lüste erweckt; jedoch wurden seine Liebesanträge nicht begünstigt, sondern nach Gebühr zurückgewiesen. Racheglühend ließ er der Jungfrau durch seine Reisige auflauern, um sie zu faßen, und warf sie, als ihm dieses gelungen, auf seiner hohen Burg in's Verlies, um ihr Gemüth für seine unreinen Absichten nachgiebiger und kirrer zu machen. Einer seiner Knechte, von Mitleid über die bedauerungswürdige Lage des reizenden Fräuleins gerührt, öffnete ihren Kerker, und sie floh der Heimath zu; doch ward sie nur zu halb vermißt, und Krako sammt allen seinen Raubgesellen warf sich auf die Rosse, um nach allen Seiten hin ihre Spur zu verfolgen. - In dem wildromantischen Thale des heutigen Dörfchens Rodowic ersah der Ritter die Fliehende, wie sie so eben einen schroffen Fels erstieg. Schnell warf er sich vom Rosse, ohne auf seine sieben ihm nachsprengenden Reisige zu warten, und kletterte in hohem Grimme der Eilenden nach. Schon nahe dem Gipfel hatte er die Jungfrau ereilt, die, vor sich einen weiten See (den heutigen s.g. Brett-Teich), hinter sich aber ihren Verfolger sehend, auf die Kniee fiel und voll Verzweiflung den Gott der Christen inbrünstig um Hilfe und Rettung anflehte, dann aber, sich bekreuzigend, ihre Seele dem Himmel empfahl und vom hohen Fels in die weite Flut hinabsprang. - Schon hatte Krako den Gipfel erreicht, schon wollte er nach seiner Beute greifen, als er sich diese neuerdings, und nun wie es schien, auf immer entrissen sah. Unnennbare Wuth durchfuhr seine Glieder, und ein gräßlicher Fluch über Gott und Menschen entfuhr seinen zornschnaubenden Lippen. Da verfinsterte sich plötzlich der Himmel, ein furchtbarer Donnerschlag erschütterte das ganze Gebirge, ein blauer Blitz fuhr schlängelnd herab und schmetterte den Frevler nieder, während die ihrem Herrn nacheilenden Knappen in sieben riesige Felskegel verwandelt wurden. Die fromme Jungfrau fand sich aber, als sie sich von ihrem Sturze erholt hatte, auf einer blumenreichen Wiese, und erreichte unversehrt, Gott innigst für die wunderbare Rettung dankend, die väterliche Burg. - Noch heute sieht man die sieben Steinblöcke im lieblichen Rodowicer Thale, und das Landvolk nennt sie die "Rabensteine". *)
Der Fels aber, an welchem das furchtbare Verhängnis den sündenbeladenen Raubritter so schrecklich ereilte, wird zum Andenken an das gerettete Fräulein der "Jungfernstein" genannt.

*) Einer von diesen Sandsteinkegeln ist durch eine Stiege zugänglich, und dessen oberstes Plateau diente noch zu Ende des 17. Jahrhunderts der Burg Bürgstein als Richtplatz.


Quelle: Böhmens Burgen, Vesten und Bergschlösser von 1844
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