Denkschrift aus dem Bürgsteiner Kirchturm

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Mario
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Denkschrift aus dem Bürgsteiner Kirchturm

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Denkschrift
Über Vorfallenheiten in der Gemeinde Bürgstein, von 1866 an bis 1901. Sie wurde am 30. August 1901 unter Beischluss älterer Denkschriften bei einer Renovation des Bürgsteiner Kirchthurmes in den neuen Thurmknopf eingelegt.


Postamt 1866
Das Postamt, um dessen Zustandekommen die Gemeinde sich viele Mühe gegeben, wird unter Postmeister Franz Puhl, gewesener Bildhauer, am 20. Dezember im Hause Nr. 15 eröffnet. Bürgstein gehörte bisher zum Postbezirke Haida, und es ging täglich ein Bote nach Haida, der die Briefe abholte, wofür den Brief hier 3 Kreuzer Bestellgebühr bezahlt wurde. Zum Postbezirk Bürgstein gehörten die ersten Jahre noch alle Ortschaften des Bürgsteiner Pfarrsprengels, erst später wurden Zwitte und Sohr hiervon getrennt.

Einbruch 1867
Am 18. März geschieht nächtlicherseits in der Johanneskapelle ein Einbruch; da die Diebe nur weniges wertvolle finden, was sich einigermaßen der Mühe lohnt, wird von ihnen die hier aufgestellte kleine Orgel (Positiv?) zerbrochen und es wurden aus ihr die Zinnstreifen gestohlen.

1867
Am 4. und 5. Mai hält der hochwürdige Bischof von Leitmeritz, Augustin Paulus Wakala? Die bischöfliche Visitation, die Schul...ung? ab und ertheilt 900 Personen die Firmung.

1868
entsteht auf dem Bauerngute Nr. 36 des Josef Hübner eine Ziegelei.

1868
Über? Anregung unserer Gemeindeinsassen wird der Feuerwehrverein gegründet. Am 22. August treten viele Ortsangehörige dem neuen Verein bei, aus deren Mitte der Vergolder Ferdinand Max zum ersten und der Kentschreiber? Adalbert Petzowitzky zum zweiten Commandanten gewählt wird. Schon am 8. September fand der neugegründete Verein Gelegenheit, sich bei einem großen Brande in Langenau durch mannhaftes Eingreifen auszuzeichnen, wofür den wackeren Feuerwehrmännern ein Dankschreiben der Gemeinde Langenau zuging, welches am 20. September öffentlich von der Kanzel verlesen wurde. Mit dem Verein steht eine Kranken- und Unterstützungskasse in Verbindung. Kurze Zeit hernach, noch im September, wurde ein Zubringer aus der Fabrik von Schmejkal in Czech bei Olmütz von dem Vereine angeschafft.

1868
Durch einen ungewöhnlich heftigen Sturmwind am 7. Dezember wird an Gebäuden, Dächern, in Wäldern e bedeutender Schaden angerichtet. In den Forsten der Herrschaft Bürgstein sind viele Tausend Klafter Holz zusammengestürzt.

Lotto- Collektur 1869
Vom k. k. Haupt-Lottoamt zu Prag wird der Gemeinde Bürgstein die Bewilligung zur Errichtung einer Lotto-Collektur ertheilt. Sie wurde dem Kaufmann Stefan Bönisch Nr. 63 verliehen und trat im November l. J. ins Leben. Am 1. Jänner 1878 übernahm sie der Krämer Georg Weidner Nr. 59 und führte sie bis 31. Dezember selben Jahres, worauf die Collektur, weil das ...? keinen nennenswerthen Nutzen gezogen, dann eingegangen ist.

1870
Am Pfingstmontag Festigkeit zu Ehren der in Bürgstein ankommenden Mitglieder des „Vereins für die Geschichte der Deutschen in Böhmen“ anlässlich einer Wanderversammlung dieses Vereines in Leipa. Am Einsiedlerstein ist eine Ehrenpforte? errichtet, die Burgfeste prangt im Fahnenschmuck. Der Empfang ist ein überaus herzlicher, Feuerwehrspalier, Bewillkommnung? durch die Gemeindevertretung, Sängergruß?, Böllerschüsse, Rundgang auf dem Burgfelsen, erstmalige Einzeichnung in ein neues Gedenkbuch mit einer Widmung an die deutsche Bewohnerschaft Bürgsteins, hierauf Rückwanderung nach Leipa.

1870
In der Nacht vom 4. Auf den 5. Juni wird von frevelhafter Hand das bei Johanneskapelle befindliche Monument des Grafen Philipp Kinsky durch herabwerfen der Büste und Verletzung des ...mentes? erheblich beschädigt; auch werden mehrere junge Obstbäume in der Nähe umgebrochen.

Gruftbau 1870
Im Juli und August Gruftbau in der Johanneskapelle. Der Bau begann am 15. Juli. Am 4. September war die Einwölbung nahezu vollendet, daß man an die Renovierung der Kapelle gehen konnte. Erst im November gingen die Baulichkeiten zu Ende.

Strassenbau 1870
Am 13. Juli wird auf der Maxdorfer Heide der erste Spatenstich zum Bau der Bezirksstraße Bürgstein – Lindenau gethan. Die Strassen-Frace? wird innerhalb 5 Jahren in ...? von dem Mühlenbesitzer Franz Rösler aus Joachimsdorf und nach seinem Ableben von dessen Söhnen ausgebaut.

Gemeindewahl 1870

Am 27. September wird Franz Wieden Nr. 149, Krämer und Webwaarenerzeuger bei der Neuwahl der Gemeindevertretung zum Vorsteher gewählt.

Todesfall 1871
Am 5. Jänner um 10 Uhr Abends starb nach einem viermonatlichen Krankenlager der Pfarrer von Bürgstein, P. Josef Hegenbarth, an der Brigst’schen? Viruskrankheit im Alter von 50 Jahren. Er wurde am 9. d. vormittags vom Stadtdechant Tietz aus Leipa unter Theilnahme von 17 Amtskollegen, der Vereine und einer großen Volksmenge feierlichst zur Erde? bestattet. Der Verewigte war am 12. Jänner 1821 als Sohn eines Landwirtes zu Niedereicht? bei Auscha geboren und wirkte hier seit dem Jahre 1855 als Pfarrer. Er erwarb sich in dieser Stellung die allgemeine Liebe und Achtung.

Weihe 1871
Am 10. April vormittags wird die gräflich Kinsky’sche Familiengruft in der Johanneskapelle vom Stadtdechant Tietz aus Leipa unter Assistanz der Patronatsgeistlichkeit feierlich eingeweiht.

Installierung 1871
Am 19. April verließ der neuernannte Pfarrer P. Josef Wilde seinen bisherigen Wirkungskreis in Lindenau und hielt in Bürgstein seinen Einzug. Es wird ihm mit einer Ehrenpforte, Ausrückung? der Vereine, Sängergruß, Böllerschüsse und Glockengeläute ein festlicher Empfang bereitet. Am 30. April Sontags wurde Pfarrer Wilde durch den Erzdechant von Politz, P. Josef Görner, feierlichst installiert. Die Gemeindevertretung, zahlreiche ...? und Pfarrkinder wohnten der Feier bei.

Viehseuche 1871
Im Mai und Juni brach unter dem Hornvieh im herrschaftlichen Meierhofe Bürgstein eine verheerende Seuche aus, welcher? In einem Zeitraume von 5 – 6 Wochen gegen 30 Stück erlagen. Als Ursache wurde verdorbenes Heu, das man zum Streuen verwendet und von den Kühen gefressen worden, angegeben. Von dieser Zeit an hört die Bewirtschaftung der Meierhofsgründe in eigener Regie auf und es werden die Felder verpachtet.

Neues Mass u. Gewicht 1871, 23. Juli
Durch ein Gesetz dieses Datums wurden für Oesterreich die neuen gesetzlichen oder metrischen Maße und Gewichte einzuführen beschlossen, welche mit 1. Jänner 1873 im Einverständnis des Käufers und Verkäufers angewendet werden können und vom 1. Jänner1876 angefangen im Handel und Verkehr angewendet werden müssen.

Veteranenverein 1871

Am 1. August tritt hier ein Militär-Veteranenverein, dessen Mitgliedschaft den ganzen Pfarrsprengel umfasst, ins Leben. Derselbe bezweckt die Unterstützung erkrankter Mitglieder, Beschaffung eines anständigen Begräbnisses, sowie die Vereinigung für gesellige Unterhaltung. Er zählte gleich im ersten Jahre seiner Errichtung 140 Mitglieder. Zum Commandanten wurde Josef Grossmann Nr. 130 (Tischler), zu dessen Stellvertreter Josef Gerthner Nr. 149 (Feldgärtner) gewählt.

Kriegsveteran 1871
Im September verließ der Patental-Invalid Ignaz Riedel, welcher hier seit dem Jahre 1854 die Stelle eines Hausvaters? im herrschaftlichen Waisenhause versah, Bürgstein, und begab sich altershalber, um bessere Pflege zu haben, zu seiner verheiratheten Tochter nach Freistadt in Oberösterreich, wo er jedoch 4 Wochen schon nach seiner Ankunft verstarb. Riedel, der ein geborener Bürgsteiner war, diente als Oberjäger durch volle 28 Jahre in der österreichischen Armee und that sich im ungarischen In...kriege? 1848 durch besondere Tapferkeit hervor; in einer Affaire, wo er einem Rittmeister das Leben rettete, erfocht er sich die silberne Tapferkeitsmedaille. Der Kaiser verlieh ihm nach beendigtem Feldzuge auch die silberne Tapferkeitsmedaille. Riedel war wegen seines jordialen? Wesens unter der Ortsbewohnerschaft sehr beliebt und erfreute sich allgemeiner Werthschätzung.


1872
Am 4. Februar hatte man bei einbrechender Nacht die merkwürdige Erscheinung einer Erdhelle, die ganze Landschaft war von einem solchen Schein beleuchtet. Diese Lufterscheinung wurde durch ganz Europa beobachtet. – Am 6. März gegen 4 Uhr Nachmittags verspürte man einen Erdstoß, stärker noch als hier ist die Erschütterung in Haida, Kamnitz, Kreibitz e gewesen.

1872
Am 13. Mai gegen 8 Uhr Abends schlug während eines heftigen Gewitters ein sogenannter kalter Blitzstrahl in den Kirchthurm, ohne zu zünden, und richtete auch sonst keinen Schaden an.

1872
Am 20. Mai starb in Neu-Sandec in Galizien der k. k. Landesgerichtsrath und Literat Ferdinand Melzer, ein gebürtiger Bürgsteiner und Besitzer der Gartenwirthschaft Nr. 3 am Schlosse.

Besitzwechsel 1872
ging das zu Johannesdorf inkorgorirte und nahe am Schloß befindliche Gulich’sche Gasthaus Nr. 15 durch Verkauf in den Besitz der Herrschaft über. Die Kaufsumme betrug 500 fe. Mit diesem Verkauf blieben Gulich noch die zum Hause gehörigen Felder, auf welchen er ein Wohnhaus und eine Ziegelei erbaute. Einige Jahre darauf wanderte Karl Gulich mit seiner Familie nach Brasilien aus.

Geschäftlicher Aufschwung 1872
Der geschäftliche Verkehr hat sich in hiesiger Ortsgemeinde in den letzten Jahren sehr gehoben. Die Spiegel- und Rahmenindustrie nahm einen wesentlichen Aufschwung. Die gräflich Kinsky’sche Fabrik erweiterte ihre Betriebstätten, Josef Taussig aus Wien errichtete hier eine Spiegel- und Rahmenmanufaktur, erbaute die Firmen Fritsche Comp. In Haida, Henke e Horn in Lindenau. Neue Bildhauer- und Vergoldergeschäfte, Goldschlägereien e entstehen, die Arbeiter erzielen einen höheren Lohn, es rollirt? Mehr Geld unter den Leuten. Auch der Aufschwung der Glasindustrie in Haida übt auf die Nachbargemeinden eine wohlthätige Rückwirkung aus, Maler, Graveure, Kugler, Schleifer e lassen sich in Bürgstein und Johannesdorf nieder und errichten große Werkstätten.

Fahnenweihe 1873
Der Militär-Veteranenverein von Bürgstein beging Sontag den 20. Juli das Fest seiner Fahnenweihe, zu der sich viele Veteranenvereine aus Nordböhmen einfanden. Schon Tage vorher war der Ort festlich mit schwarzgelben Fahnen und Guirlanden geschmückt. Als Fahnenpathin fungirte die hochgeborene Comtesse Maria Anna Kinsky. Nach Aufstellung der nach? Hunderten zählenden Veteranen auf dem Festplatze und Begrüßung des Commandanten des Festvereines celebrirte Dechant Wilde auf dem Kirchenrondell eine Festmesse und nahm sodann die Weihe der neuen Fahnen vor. Nach Beendigung des Nägeleinschlagens durch die Commandanten der erschienenen Vereine und Anhängung des von der Frau Fahnenpathin gespendeten prachtvollen Fahnenbandes wurde die patriotische Feier mit einem Festzuge durch den Ort beendet.

Gasthofbau 1873
Das Gulich’sche Gasthaus, das größte im Orte, war nur von Holz und mit Schindeln gedeckt. Es war im Jahre 1757 von dem Komtrichter Johann Wenzel Ostritz erbaut und diente seit 1790 als Gasthaus. Nachdem die Kommunikation zwischen hier und Leipa, Haida und Zwickau von Jahr zu Jahr eine lebhaftere geworden und das Gasthaus den Anforderungen des Verkehrs nicht mehr entsprach, beschloß die Herrschaft den Bau eines schönen, räumlichen Gasthofes. Baumeister Pichler aus Prag, welcher den Bau führte, sperrte am 30. April das alte Gasthaus und riß es die nächsten Tage nieder. Der Bau währte unter der Leitung des Poliers Popelik den ganzen Sommer bis in den November hinein. Am 2. Dezember erfolgte anlässlich des 25 jährigen Regierungsjubiläums des Kaisers Franz Josef mit einer besonderen Festivität die Eröffnung des Gasthauses. Als erster Pächter ist Kulich, gebürtig aus Ramanow bei Kolin, hier angetreten. Das folgende Jahr entstand auf dem Platze vor dem Gasthause durch Anschüttung eine schöne Gartenterrasse. Zwei Jahre später, 1875, erbaute man im Hofe ein Saalgebäude.

1874
war ein sehr milder Winter, im Jänner kein Schnee. Am 2. Mai fiel über Nacht ein starker Frost ein, so daß die ganze Baumblüthe erfror.

1874
Am 2. Februar gründet sich hier unter dem Namen „Gewerblicher Hilfsverein“ ein zweites Creditinstitut.

1874
Am 18. Juni spendet Augustinus Paulus Wakala, Bischof von Leitmeritz, die Firmung und hält die kirchliche Visitation ab.

Sommerfrische 1874
Bürgstein wird Sommerfrische. Eine Anzahl Prager wohnen zum Sommeraufenthalt hier und finden das erste Jahr in dem neuerbauten, comfortabel eingerichteten Gasthause eine angenehme und freundliche Unterkunft. Die nächsten Jahre entstehen in vielen Häusern im Orte recht hübsch eingerichtete Wohnungen, die an Sommergäste vermietet werden.

Obermühle 1875
Die Obermühle kam am 29. Juli im Wege zwangsweiser gerichtlicher Veräußerung an Josef Müller aus Wolfersdorf, welcher wegen großer Baufälligkeit das alte Gebäude niederriß und eine neue Mühle erbaute. Die frühere Mühle war schon ein alter Bau und datirte nach an Steinen vorgefundenen Jahreszahlen noch aus dem 14. Jahrhundert her.

Dekorirungsfeier 1876
Am 18. Juni wurde dem Schloßarzt Dr. med. Peter Isak das denselben vom Kaiser allergnädigst verliehene goldene Verdienstkreuz mit der Krone in feierlicher Weise überreicht. Es hatten sich hirzu der k. k. Amtsleiter von Haida, der k. k. Bezirkshauptmann G. k.? Müller von Leipa, die Vertreter der benachbarten Gemeinden, der Schulen des Pfarrsprengels und die Gemeindevertretung von Bürgstein eingefunden. Der Veteranenverein und die Feuerwehr von Bürgstein waren in cozpou?, einige Feuerwehren aus der Nachbarschaft deputatid? Erschienen. Die Feier ging auf dem Kirchenrondell vor sich. Nach Absingung eines Chorals durch den Gesangsverein „Harmonie“ heftete der k. k. Bezirkshauptmann Müller mit einer Ansprache dem Ausgezeichneten die Dekorazion an die Brust. Nachdem der dekorierte seinen ehrerbietigten Dank für die Auszeichnung ausgesprochen, fand die Feierlichkeit mit einem Festgottesdienst in der Pfarrkirche ihren Abschluß. Nachmittags fand im herrschaftlichen Gasthofe für die erschienenen Gäste eine Festtafel statt.

Kapellenbau 1876
wurde in Johannesdorf auf dem Wiesengrundstück des Emanuel Werner Nr. 108 eine kleinere Kapelle erbaut. Die Glocke verursachte einen Kostenaufwand von 125 fe und trägt folgende Aufschrift: „Ich wurde gegossen durch die Stifter Franz Grohme Nr. 66 und Emanuel Werner Nr. 108 von Eduard Paul in Böhmisch-Leipa.“ An der Reversseite sind die Bildnisse der heiligen Maria und Josef. Franz Grohme, Weber und Häusler, spendete zu dem Kapellenbau eine für seine bescheidenen Verhältnisse mannhafte Summe von 100 fe, der Glasmaler Emanuel Werner 20 fe, das übrige wurde durch verschiedene Gutthäter aufgebracht. Da für die Kapelle kein ...? gelegt worden ist, erhielt nur die Glocke die kirchliche Weihe; diese fand am 3. September durch den Vikär P. Josef Wilde statt. In den Knopf des Thürmchens wurden mehrere Dankschriften, auch Zeitungen und Münzen gelegt.

Todesfall 1876
Am 29. November starb auf Schloß Schwoika Ihre Exellenz Frau Gräfin Elisabeth Kinsky im Alter von 86 Jahren. Ihre entseelte Hülle wurde am 2. Dezember in der Familiengruft der Johanneskapelle unter großen Trauerfeierlichkeiten beigesetzt.

Besitzwechsel 1876
Die Fabriks...alität Nr. 6 in Johannesdorf ging nach mannigfachen Wandlungen, die sie seit einem Zeitraum von 30 Jahren erfahren, durch Verkauf in den Besitz der Herrschaft über. Anfänglich war sie Baumwollspinnerei, dann Abfallspinnerei, hierauf mechanische Weberei, zuletzt Glasschleiferei.

Sterbefall 1877
Am 8. Juli verschied hier nach achttägigem Krankenlager Anton Peschke, Oberlehrer der hiesigen Volksschule, im 70. Lebensjahre. Derselbe trat im Jahre 1827 als Schulgehilfe seine Funktion hier an, wurde im Jahre 1849 zum Oberlehrer befördert und wirkte in dieser Eigenschaft bis zu seinem Ableben unausgesetzt mit anerkennenswerther Hingebung. Der Schwiegersohn des Verewigten, Wilhelm Horn, gebürtig aus Lindenau, bisher Lehrer an der hiesigen Schule, erhielt die ...? gewordene Oberlehrerstelle.

1877
An einem ungenannten Tage im Juli stattete der Stadthalter von Böhmen, Freiherr Philipp von Weber-Ebenkoch? in Begleitung der Leipaer Bezirkshauptmannes Müller auf einer Reise in dieser Gegend unserer Ortsgemeinde einen Besuch ab. Dieselben trafen spät nachmittags in Bürgstein ein, wurden beim herrschaftlichen Gasthofe vom Herrn Grafen August Kinsky, dem Pfarrer und dem Ortsvorstande bewillkommnt und begaben sich dann ins Schloß. Nach mehrstündigem Aufenthalt setzten sie die Reise nach Haida weiter.

1878
Am 1. Jänner wird die 3 klassige Volksschule in eine vierklassige umgewandelt.

Fichtelschenke 1878

erkaufte die Herrschaft von den Erben nach Wenzel Grossmann das am Hohlstein gelegene Gasthaus zur „Fichtelschenke“ um die Summe von 5000 fe. Noch im selben Jahre übernahm Wilhelm Kunert aus Reichstadt als Pächter das Gasthaus, das unter seiner Führung eine stets steigende Frequenz aufzuweisen hat.

1878
Am 10. Aprill legte Franz Wieden sein Amt als Gemeindevorstand nieder und es wird an seinerstatt Josef Gerthner Nr. 45, Oekonom und Lederhändler, zum Bürgermeister gewählt.

Festivität 1878
Am 30. Juli fand in der Stiftskirche in Luzern in der Schweiz die Trauung des Herrn Grafen August Kinsky mit der Frau Gräfin Franziska Hartig, Tochter des Herrschaftsbesitzers von Niemes, Grafen Eduard Hartig, statt. Am 31. August hielt das neuvermählte Paar unter besondere Festigkeiten seinen Einzug in Bürgstein: Ehrenpforte am Einsiedlerstein, Bewillkommnung durch die Patronatsgeistlichkeit und Gemeindevertretung, Sängergruß, Spalier der Ortsvereine, Böllerschüsse, Abends Illumination der Häuser, Fackelzug und Feuerwerk.

1879
Am 24. Aprill Jubiläumsfeier zu Ehren der silbernen Hochzeit des Kaisers und der Kaiserin: Höhenfeuer auf den umliegenden Bergen, Kirchengarde der Vereine, Festgottesdienst, Pflanzung von zwei Kaiserbäumen, Nachmittags Schulfeier, Abends Festball.

1880
Im Frühjahr wird der Thiergarten zwischen Bürgstein und Haida aus Sparsamkeitsrücksichten von der Forstverwaltung aufgelassen und die Einzäunung niedergelegt.

Strassenbau 1880
Im August begann der Strassenbau Bürgstein – Johannesdorf, man brachte den Bau das erste Jahr bis über Pohls Ziegelei hinaus, das nächste Jahr baute man weiter, bis der Bau nach und nach bis zu Hantschel’s Gasthause Nr. 22 zu stande gekommen ist.

Fahnenweihe 1880
Am 27. Juni beging hier der seit dem Jahre 1873 bestehende 2. Gesangs- und Musikverein „Fröhliche Sänger“ das Fest seiner Fahnenweihe, an dem 20 Gesangsvereine mit über 350 Sängern theilnahmen. Dieses Fest nahm begünstigt durch schönes Wetter einen sehr hübschen Verlauf und bot ein erfreuliches Bild deutscher Sangesbrüderlichkeit dar.

Altes Wahrzeichen 1880
Am 15. September ging durch einen ausgebrochenen Brand eines der ältesten Gebäude im Orte, der Melzerhof Nr. 48, zu Grunde. An diesem Hause befand sich ein altes Wahrzeichen an die Pest, bestand aus einem großen hölzernen ...? und religiösen Bildereien, worunter besonders ein Todtenkopf von einer Lilie umgeben und ...? ....? die Aufmerksamkeit auf sich lenkte.

1880
Nach dem Ergebnis der Volkszählung hat Bürgstein und Johannesdorf eine Bewohnerschaft von 2091 Seelen.

1881
Am 17. Juli gassirte die Kronprinzessin Staefanie von Oesterreich auf einer Spazierfahrt durch Bürgstein.

Besuch 1881
Am 7. August besuchte der Handelsminister Freiherr von Pino unsern Ort. Er kam gegen 1 Uhr Mittag mittels Wagen von Haida her und wurde bei dem herrschaftlichen Gasthofe von der Gemeindevertretung und den herrschaftlichen Beamten ...? begrüßt. In Begleitung des Ministers befand sich dessen Sekretär Konrad Baron von Eybisfeld?. Se. Exellenz besichtigte die Spiegelfabrik und die Niederlage?, worauf die Besteigung des Einsiedlersteines erfolgte. Der Minister sprach sodann dem Bürgermeister seine volle Befriedigung über das Geschehen? aus und fuhr nach herzlicher Begrüßung wieder nach Haida.

1882
Im Frühjahr standen alle Feldfrüchte schön, reich und üppig. Zur Sommerzeit trat häufig Hagelwetter ein, nur wenige Gegenden wurden verschont. Während dem Kornschnitt regnete es durch drei Wochen einen Tag wie den andern, das Korn wuchs im Stehen? und konnte nicht trocken eingeerndtet werden. Die Erdäpfel wurden faul und schwarz.

1882
Am 18. Juli ...? Kronprinz Rudolf von Oesterreich mit seinem Gefolge am Kleisbach zwischen Komt und Bürgstein auf Fischottern, bei der Fichtelbrücke brach er die Jagd ab und kehrte nach Schloß Reichstadt zurück.

Ehrung 1882
Am 15. Oktober feierte Vikär P. Josef Wilde sein 50 jähriges Priesterjubiläum, zu welchem Bischof Emanuel Schöbel von Leitmeritz als Gast erschienen war. Noch im selben Jahr wurde dem Jubilar in Anerkennung der vielen Verdienste, die er sich um den Bürgsteiner Pfarrsprengel erworben, vom Kaiser das goldene Verdienstkreuz mit der Krone verliehen. Die feierliche Überreichung fand am 31. Dezember durch den k. k. Bezirkshauptmann Theimer von Leipa statt.

Schule 1883
wurde das gegenwärtige Schulgebäude gebaut und der Grundstein am 29. April unter besondern Feierlichkeiten gelegt. Baumeister desselben war Josef Schneider aus Niemes. Der ganze Bau kostete gegen 30.000 fe. Am 24. August 1884 fand die feierliche Schuleinweihung statt.

1884
Am 31. August wird das Pestkreuz am Heideberg vom Vikär Josef Wilde eingeweiht.

Todesfall 1884
Am 9. Dezember abends starb im Schlosse zu Bürgstein plötzlich am Schlag Frau Gräfin Julie Hartig, geborene Gräfin Bellegarde, Mutter der Frau Gräfin Franziska Kinsky, im 63. Lebensjahre. Der Gräfin Leiche wurde zur Bestattung in die Familiengruft nach Wartenberg überführt.

Todesfall 1885
Am 24. Mai starb in Dresden Florian Mitschke, gewesener Kaufmann in Russland, im Alter von 79 Jahren. Derselbe, ein gebürtiger Johannesdorfer, hat sich durch eine große Stiftung, mit welcher er letztwillig die hiesige Schule bedachte, in seiner Heimatgemeinde ein immerwährendes Andenken geschaffen.

1885
Am 28. Juni wurde hier der Feuerwehrtag des Bezirksverbandes Haida in glänzender Weise abgehalten, gegen 900 auswärtige Feuerwehrmänner waren hiezu erschienen.

1886
Am 3. Juni hält Bischof D:? Emanuel Schöbel von Leitmeritz die Firmung ab. Der Friedhof wird erweitert, auch wird ein neues Friedhofkreuz errichtet. Am 24. Oktober [erhalten] die angekauften neuen Friedhofsparcellen durch den Vikär P. Josef Wilde die kirchliche Weihe.

1887
Durch heftige Gewitterregen wurden am 18. Mai hier und in der Gegend große Verwüstungen angerichtet, Felder wurden zerrissen und Wiesen verschlämmt. In großer Wassersgefahr befand sich in der Nacht die Ortschaft Bokwen, es wurde die Sturmglocke geläutet und die Feuerwehr zur Hülfeleistung allarmiert.

1888
Am 20. Oktober wurde die postkombinierte Telegrafenstation Bürgstein für den Staats- und Privatdepeschen-Verkehr mit beschränktem Tagesdienst eröffnet.

Schlossenwetter 1889
Seit 1719 war noch kein Mai so warm wie der diesjährige. Der kühleste Mai war im Jahre 1740. – Am 11. Juli nachmittags richtete ein heftiges Schlossenwetter, verbunden mit einem Gewitter, hier große Verwüstungen an. Besonders hart getroffen wurden die Ortschaften Rodowitz, Maxdorf, Bürgstein, Lindenau, Zwitte, Wellnitz und Schiedel. Die gesammte Ernte ist hier vernichtet worden und die Flure boten einen trostlosen, schauerlichen Anblick. Tausende von Fensterscheiben wurden zertrümmert, die stärksten Bäume wie Strohhalme geknickt, uralte Linden entwurzelt und Dächer zerrissen. In Bürgstein ging die Verheerung bis zum Bauerngute Nr. 71 des Josef Hauser, das Niederdorf blieb glücklicherweise von dem Unwetter verschont. In Johannesdorf brannte durch Blitzschlag ein Haus ab.

Todesfall 1890

Am 12. Jänner Früh 7 Uhr starb auf Schloß Schwoika Frau Gräfin Philippine Kinsky nach kurzem Krankenlager im Alter von 79 Jahren. Die Verewigte, deren Hingang auf’s schmerzlichste ergriffen hat, war bekannt ob ihrer großen Herzensgüte. Die Armen von Bürgstein und Umgebung verloren in ihr eine stetsbereite Wohlthäterin. Die irdische Hülle der Verblichenen wurde am 14. d. gegen Abend nach Bürgstein überführt und am folgenden Tage in der gräflich Kinsky’schen Familiengruft beigesetzt. Etwas über ein Jahr, am 18. Aprill 1891 starb der Bruder der dahingeschiedene, Herr Graf August Kinsky, auf seinem Herrschaftsitze Löschna in Mähren im 74. Lebensjahre.

Nonnenstift 1890
wird das im Jahre 1745 vom Grafen Jos. Joh. Maximilian Kinsky errichtete Waisenhaus zu St. Joh. V. Nepomuk mit bedeutenden Kosten renovirt und zur Aufnahme einer Niederlassung für geistliche Schwestern eingerichtet. Am 20. Oktober nachmittags fand in der Kirche die Weihe der Stiftsglocke und sodann in den neu restaurierten Waisenhause die Einweihung desselben durch den Bischof Schöbel von Leitmeritz statt. Vier geistliche Schwestern haben hier die Leitung einer Kinderbewahranstalt? übernommen.

Renovirung 1891
wurde während der Sommermonate die Pfarrkirche innerlich und außerlich vollkommen renovirt. Der Hochaltar ist ganz neu, auch wurden 2 neue Seitenaltäre errichtet. Die ...? der Kirche ist durch den Maler Karl Miksch aus Arnsdorf sehr schön ausgeführt worden. Die Einweihung vollzog am 3. September der Cananikus? Böhm aus Leitmeritz in der Assistenz von 5 Geistlichen. Während der Monatelangen Renovation diente die Johanniskapelle zur Abhaltung des Gottesdienstes.

Strassenbau 1896
wird die Straße von Bürgstein nach Rodowitz und sodann durch den Ort Rodowitz gebaut. Der Bau wird an zwei Unternehmer, Schneider und Sitte aus Kunnersdorf, im Wege der ....lizitation? vergeben.

Meuchelmord 1891
Am 7. Dezember um ½ 8 Uhr Abends ist der Bürgermeister und Lederhändler Josef Gerthner einem Meuchelmorde zum Opfer gefallen. Er wurde durch einen Schuß aus einer mit Blei geladenen Schußwaffe, als er eben beim Nachtmal saß, getödtet. Der Ermordete, dessen Kinn, Hals und Brust ganz zerrissen war, blieb auf der Stelle todt. Die That ist offenbar ein Akt privater Rache gewesen. Der Mörder blieb unentdeckt. – Mit der Neuwahl der Gemeindevertretung wurde am 28. Dezember an Stelle des ermordeten Bürgermeisters Josef Gerthner der Candidat der Fortschrittspartei Franz Paul, Assekuranz-Beamte und Wirthschaftsbesitzer, zum Bürgermeister gewählt.

Wetterkatastrofe 1897
Am 29. Und 30. Juli entstand durch anhaltende heftige Regengüsse Hochwasser, welches auch hier vielen Schaden anrichtete. Die Wasserfluten zerrissen Felder und Wiesen, Straßen und Brücken und haben über weite herrlich Gebiete Deutschböhmens namenloses Unglück gebracht. Infolge dieses langanhaltenden Regenwetters ist fast die ganze Ernte in Böhmen vernichtet worden. Mit den Vorräthen, die sich noch in großer Menge vorfanden, trieb man jetzt Wucherei und es stiegen alsbald die Preise von Korn, Weizen e, so daß sich das Mehl mehr um ein Drittheil vertheuerte.

Militärisches 1899
Kaisermanöver in der Gegend Leipa, Reichstadt und Gabel, hier Cavallerie-Aktagrün?, Vertheidigung wichtiger Positionen, Durchmärsche e. Am 2. September quartirte in Bürgstein das k. k. Landwehr-Regiment Nr. 30 unter Commando des Obersten Wilhelm Riebel von Festertreu.

Erdstoss 1901
Am 10. Jänner um ¾ 4 Uhr Morgens verspürte man einen ziemlichheftigen, einige Sekunden währenden Erdstoß, wodurch viele Bewohner des Ortes aus dem Schlafe geweckt wurden, man vernahm Gläserklirren, Thurmknarren, Aneinanderpoltern von Möbeln und dgl.

Badeanstalt 1901

Am 8. August wurde die von Josef Bartel aus Zwickau auf dem Grundstück Nr. 116 im Niederdorfe schon voriges Jahr erbaute und erst heuer im Einbau fertig gewordene Badeanstalt eröffnet und der öffentlichen Benützung übergeben. Aus diesem Anlasse war das Bade- und auch das Wohnhaus mit großen schwarzgelben Fahnen und Guirlanden geschmückt und selbst die Badcabinen wiesen diversen Blumenschmuck auf.
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