Die Oberschmiede in Bürgstein + Weitere Nachrichten

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Mario
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Beitrag von Mario »

Die Oberschmiede in Bürgstein
Ein Beitrag zur Ortsgeschichte

Nach zuverlässigen Quellen
verfasst von
Eduard Gerthner

Bis ins dritte Gezehnt dieses Jahrhunderts stand auf dem Grundstück Nr. 54 in Bürgstein die Oberschmiede. Sie stand am Kleisbach entlang und reichte von der gegenwärtigen Brücke an bis ungefähr zum Steg; dadurch, daß sie einige Ellen in den Garten zurück stand, blieb zwischen ihr und dem Bach ein schmaler Streifen Grund, auf dem zur größeren Bequemlichkeit der Hausbewohner ein Weg hinlief. Der hier angedeuteten räumlichen Ausdehnung nach war es ein langgestreckter Bau, von Holz ausgeführt und bestand aus Erdgeschoß und Stockwerk. In unmittelbarer Nähe der Dorfstraße, gegen die Brücke gekehrt, befand sich die Schmiedwerkstatt, gegenüber lag die Wohnstube, an die sich die Hauskammer, der Stall und ein ziemlich langer dunkler Gang reihten. An der ganz schmucklosen Stirnseite erhob sich eine hohe Giebelwand, auf welcher das Schindeldach auflag. Das Stockwerk enthielt, wie es noch vor einigen Jahren an alten Bürgsteiner Häusern zu sehen war, ganz kleine Fenster. Die letzten Jahre, bevor die Schmiede weggerissen wurde, sah sich Meister Görlich wegen großer Baulichkeit veranlasst, eine Veränderung seiner Schmiedwerkstatt vorzunehmen und so entstand nebenan ein kleines Gelaß mit einem Feuerschott. Hiemit wäre das Wesentliche über das Gebäude gesagt. Gehen wir nun zur Geschichte dieses Grundstückes und seiner Besitzer über.
Als erster bekannter Besitzer erscheint im alten Bürgsteiner Schöppenbuch Nr. II Georg Teufel aus Bürgstein. Schon vor dem Jahre 1670 übte er in hiesiger Ortsgemeinde das Schmiedegewerbe aus. Er erbaute auf besagtem Grundstück ein Haus und legte eine Schmiede darin an. Zu diesem Hause dürfte jedoch Teufel, wie dies aus einer Sage, die sich unter den Ortsbewohnerschaft erhalten, hervorgeth, nicht schwer dazu gekommen sein. Zu damaliger Zeit lebte in ihrem Schlosse am Einsiedlerstein (gegenwärtig das Hutscherische Haus) die Besitzerin der Herrschaft Bürgstein, Frau Gräfin Katharina von Kokorzowa?. Eine wohlwollende Dame, zeigte sie sich gegen ihre Unterthanen stets sehr leutselig und verschmähte es nicht, bei solchen, die sie besonders lieb gewonnen, auch manches mal Einkehr zu halten. Einer dieser Bevorzugten war der Bürgsteiner Schmied, Meister Georg. In dessen Behausung ging sie nun öfters mit „Spille? und Hartsche?“ zu Rocken? und betrachtete den biedern Alten überhaupt als ihren Rathgeber. Einmal, als sie gerade in Geldverlegenheit war und eine Reise nach Prag plante, borgte sie sich von ihm 30 Schock aus. Als sie später das Geld dem Alten bei Heller und Pfennig zurückgezahlt hatte, da erlaubte sie dem Schmiede, statt der Zinsen sich in ihrem Wald so viel Holz zu holen, daß er sich davon bequem ein Haus bauen konnte.
Im Jahre 1673 am 15. Juni wurde Meister Georg eine Tochter Dorothea geboren; als diese herangewachsen und eine stattliche Jungfrau geworden, warb um sie ein junger Schmiedgesell, Wenzel Görlich, der sie auch ehelichte. Teufel fühlte sich schon sehr altersmüde und überließ 1697 seinem Eidam das Schmiedanwesen?, die Kaufsumme betrug 50 Schock. Noch im selben Jahr, am 26. März, bettete man Meister Georg auf dem Friedhof nächst der Kirche zur ewigen Ruhe, er hatte ein Alter von 72 Jahren und 48 Wochen erreicht. Ein Jahr darauf, am 5. Juni 1698, beschenkte die junge Schmiedmeisterin ihren Gatten mit einem Sohn, der in der Taufe den Namen Johann Georg erhielt. Noch nicht ganz 20 Jahre alt, versah der letztere an der Bürgsteiner Kirche das Amt eines Kirchendieners oder Kirchenvaters, ein Posten, zu dem damals nicht ein jeder zugelassen wurde. 1728 übernahm er die Schmiede, doch lebte Vater Görlich viele Jahre noch. Der Kaufpreis betrug jetzt schon das doppelte, 100 Schock. 1743 gehörte Johann Georg Görlich der Schmiedezunft von Zwickau an; 1760 am 28. November starb er. Bei der ersten Seelenbeschreibung (Volkszählung) in Böhmen, 1768, wird Johann Christof, Sohn des seel. Johann Georg Görlich als Grundstücksbesitzer und Schmiedemeister genannt. Er war zu dieser Zeit 48 Jahre alt und hatte mit seiner Ehegattin Maria Elisabeth damals schon 6 Kinder, 3 Söhne und 3 Töchter erzeugt; die Söhne hießen: Johann Josef, Johann Christof, Johann Georg, später wurde ihnen noch ein Sohn Anton geboren.
Einer von diesen Söhnen, Johann Christof, bauthe sich gegenüber dem Schmiedegrundstück ein Haus, Nr. 142, und begründete hier eine zweite Görlich Familie, die mit dem vor ca. 15 Jahren erfolgtem Ableben seines Sohnes, Johann Görlich, nunmehr ausgestorben ist. Johann Christof Görlich fungierte in Bürgstein als Ortspolizist und bildete in seinem rothen Frack und dem Tengelhammer (Zweispitz) auf dem Haupte durch viele Jahre auf der Dorfstraße eine sterotype Figur in unserem kleinbürgerlichen Leben. Sein Sohn Johann, vulgo Schmiedshansel, seiner Profession ein Weber, versah hier nebenbei das Gemeindebotendienst und blieb in dieser Stellung so lange, als der letzte Ortsrichter von Bürgstein, Christof Knobloch, noch amtirte. Anton Görlich, ein Hufschmied, wie sein Vater, Großvater und Urgroßvater, übernahm das väterliche Haus. Er verheirathete sich und hat nicht lange und weit nach seiner Braut gesucht. Er fand sie im Oberdorfe, im Hause Nr. 28, in der Tochter des vermögenden Tischlers und Spiegelhändlers August Ronge, die ihm ein Heiratsgut von 1600 Gulden mitgebracht hat, was damaliger Zeit schon eine respecktable Summe gewesen. Schon zu seines Vaters, ja vielleicht schon zu seines Großvaters Zeiten befand sich auf der Schmiede die Schankgerechtigkeit, die auch Anton Görlich in seinen jüngeren Jahren noch ausgeübt hat. Von Ende 1783 bis 30. Dezember 1784 hat ihn Josef Hauser, Bauer in Bürgstein Nr. 71, laut Robotbüchelausweis? nicht weniger als 65 ½ Faß Bier aus dem Pihler Bräuhaus zugeführt, was schon auf einen bedeutenden Consum schließen läßt. Diese Bierfuhren sind schon im Jahre 1776 angemarkt.
Versetzen wir uns im Geiste in das Bürgsteiner Schmiedewirtshaus.
Die einzige Stube des Hauses zur ebener Erde bildete zugleich die Wirtstube. In einer Stubenecke, gleich neben der Thür stand das Schenkhäusel, den großen Kachelofen umgab eine Ofenbank, auf der sich an kalten Wintertagen auch der Arme, der nichts verzehrte, wärmen durfte, an den drei Stubenwänden waren lange hölzerne Bänke befestigt, vor denen die Tische standen. Einige Stühle mit ausgespreizten Beinen, einige Bänke, die zwischen die Tische gestellt werden konnten, vervollständigten die Einrichtung der Wirtsstube. Die Beleuchtung der Stube war gleichfalls eine sehr einfache. Auf dem Schenkhäusel brannten in der „Klotzkahle?“ der Kienspan oder ein kleines Oellämpchen in der Mauernische, auf jedem Tische brannten ein, und wenn der Tisch lang war, zwei Talglichter auf hohen hölzernen Leuchter. Das Bier wurde in zinnernen Kannen, später in Gläsern (Halben) mit zinnernen Deckeln auf den Tisch gebracht. In einer solchen Wirtsstube wurden in alten Zeiten die Dielen niemals gewaschen oder gescheuert. Man begnügte sich damit, sie abzukehren, und wenn sich allzugroße Schmutzkrusten gebildet hatten, welche die Diele zu uneben machten, so wurden diese einfach mit dem Beile abgehackt.
Hier waltete Frau Katharina, geb. Ronge, des Schmiedmeisters Gattin, als Wirtin. Sie war eine resolute Person und machte mit Gästen, die sich manchmal zu viel gegen sie herausnahmen, nicht viel Federlesens. Sie las ihnen erst tüchtig den Text und verweigerte dann die weitere Verabreichung diverser Getränke.
Daß sie aber auch ihre starken Arme mit zu Hülfe nahm, wenn es die Noth erforderte, kann folgender Vorfall mit beweisen.
Es gibt Leute, die von Zeit zu Zeit von einer unwiderstehlichen Sehnsucht befallen werden, ihre Hände bewaffnet oder unbewaffnet mit dem Körper eines Anderen in unsanfte Berührung zu bringen. Ein solches Jucken scheinen auch 4-5 Husaren verspürt zu haben, welche eines Tages in der Schmiede Einkehr hielten, augenscheinlich in der Absicht, dort eine Hauerei anzustiften. Da sie aber hier gar keine Gäste vorfanden, an denen sie Mütchen auskühlen konnten, belästigten sie die Wirthin auf alle mögliche Arten, schimpften wie ein Rohrsperling auf das Bier, daß es nicht mehr die Güte habe als sonst, daß es dick und trübe sei und so weiter und begehrten schließlich, um die Wirtin erst recht in Harnisch zu bringen, eine Schüssel und ein Tuch, um, wie sie meinten, die dicke Tunke durchseihen zu wollen. Als sie das Verlangte erhalten, schütteten sie das Bier über das Linnen, seihten es in das Gefäß hinein und machten dabei so einen Heidenlärm, daß der Schenkin endlich die Geduld ausriß. Sie ergriff den ärgsten Schreier am Halse, dehnte ihn mit ihren starken Armen bis in die Stubenecke vor und drückte ihn heftig an die Wand. Nun richtete sich der Zorn seiner Kameraden gegen die Wirtin. Deine sprang plötzlich auf sie zu, holte mit seinem Säbel zu einem mächtigen Hiebe aus, schwang ihn aber glücklicherweise zu hoch, so daß die Säbelspitze das Stubengebälke traf und dort sitzen blieb. In diesem Augenblick erschienen die Schmiedegesellen in der offenen Stubenthür und gingen auf die Husaren los. Während diese sich noch mit Letzteren im Handgemenge befanden, rief Frau Katharina eine gerade des Weges kommende Husarenpatrouille zu Hülfe, die sich sogleich der Excedenten bemächtigte und sie geschlossen auf die Wachstube brachte, wo sie der verdienten Strafe nicht entgingen. Der Hieb aber im Balken ist als ein Gedenken an diese Affaire so lange zu sehen gewesen, als die Schmiede noch gestanden. Seit dem vierten Preußenkriege 1778 lagen fast ununterbrochen Husaren in dieser Gegend. Einmal an einem freundlichen Oktobertage des Jahres 1791, Montags vor Bürgsteiner Kirmes, bewegte sich ein gar seltener Hochzeitszug aus dem Hause Nr. 40 Heideberge die Dorfstraße herab zur Kirche. Anton Warga, der schmucke Husarenkorporal führte die schöne Elisabeth, des Grenadiers Samuel Dömlin Tochter, zum Altar. Hinter ihnen schritt der vorhin genannte Vater der Braut, ein alter Krieger mit eisgrauem Schnurrbart, rechts und links neben ihm gingen die Trauzeugen des Brautpaares, Franz Gemmel und Johann Bonfil, beide Korporäle im Husarenregiment Esterhasi?. Hinter ihnen folgten dann im langen Zuge die Waffengefährten des Bräutigams, lauter kräftige martialisch aussehende Gestalten.
1796, im Oktober und November, nahm Anton Görlich in der unweit der Schmiede gelegenen Felswand eine Vergrößerung seines Bierkellers vor, ein Maurer erhielt 28, ein Handlanger 18 Kreuzer pro Tag.
Die Brücke über den Kleisbach, auch die Schmiedebrücke genannt, wurde erst im Jahre 1805 gebaut; nach der Aussage alter Leute gab es vordem weder eine Brücke noch einen Steg und bewegte sich der ganze Verkehr kurz und einfach durch den Bach. Für die Passanten vermittelten 3-4 große Trittsteine, die vereinzelt in dem Flußbett lagen, die Communikation, die sich aber nur bei normalen Wasserstand bewerkstelligen ließ. Den Brückenbau hat der Maurermeister Wenzel Teifel, der unterhalb Melzerbauers das Haus Nr. 46 besaß, ausgeführt. Die Auslagen beliefen sich für die Gemeinde mit 309 fl. 20 ¾ kr; wobei jedoch das Rüstholz im Werthe von 26 fl 24 kr.; welches die Herrschaft unentgeltlich beistellte, nicht mit ein gerechnet ist.
Unter dem Schmied Anton Görlich ging das väterliche Anwesen stark zurück, in der Schmiedewerkstatt ruhte oft Wochen und Monatelang die Arbeit und nur selten stieg ein Wölkchen Rauch aus dem Schlott in die Lüfte, auch der Bierschank hatte schon lange aufgehört. Um seinen Lebensunterhalt zu finden, beschäftigte sich Meister Görlich zuweilen auf eine andere Weise, unter andere ging er im Jahre 1813 sogar den ganzen Sommer nach Mückenhan auf Schanzenbau, doch war er im Ganzen kein Freund der vielen Arbeit. Unter solchen Verhältnissen verschuldete sein Besitz, weshalb er sich bald zum Verkaufe gezwungen sah. Ein junger Schmied aus Falkenau, namens Eisert, brachte das Anwesen um 1175 Gulden Conv. Münze käuflich an sich, und beabsichtigte anfangs das schon sehr baufällig gewordene Gehöft durch Reparaturen in Stand zu setzen, sah aber schließlich davon ab und riß es nieder. Er erbaute jetzt längs der Straße von Ziegeln ein erdgeschössiges Gebäude mit Mansardendach, besaß aber nicht die nöthigen Geldmittel, und beging noch obendrein den Fehler, sich auf die Unterstützung seiner Verwandten zu verlassen, die ihn schließlich in Stiche ließen. Eisert konnte den Bau im Innern nicht zu Stande bringen und das Haus stand da, wie man zu sagen pflegt, eine Laterne. Er mußte die Sache im Stiche lassen u. auf und davon gehen. Anton Thum, Fleischer und Gastwirt in Bürgstein Nr. 77, brachte jetzt das Grundstück nur aus dem Grunde käuflich an sich, um keinen Fleischer hier aufkommen zu lassen, veräußerte es aber bald an den Webwaarenfabrikanten Werner in Rodowitz. Dieser hatte es ebenfalls nur kurze Zeit und überließ es seinem Schwager Wenzel Lichtner aus Kratzau, einem vielgereisten Mann, bisher Werkmeister in einer Spinnfabrik. Lichtner ließ sich durch die Ränke der Bürgsteiner Gastwirte, die ihm in seinem Vorhaben hindernd in den Weg traten, nicht abschrecken und erhielt ohne Zögern vom Bürgsteiner Amtsgericht die Conzession zum Betrieb einer Gastwirtschaft, die er nachdem der innere Ausbau ordentlich zu Stande gebracht, bald eröffnete. Vorn an der Stirnseite legte er ein zierliches Blumengärtlein an und baute ein hübsches Sommerhaus hinein. Zwischen die Mansardenfenster stellte er in einer kleinen Nische einen weißstaffirten Löwen auf und gab seinem Gasthause das Aushängeschild zum „weissen Löwen.“ Die Verbesserung der Straße gereichte dem neuen Gasthause zum nicht geringen Vortheil. Im Jahre 1829 wurde die Dorfstraße von der Schmiedebrücke an bis zur Grenze bei Nr. 34 von den Kontribuenten u. Häuslern verbreitert und neu gebaut. Zwei Jahre darauf, 1831, baute man von unten herauf, von den Häusern Nr. 65-66 bis zur Schmiedebrücke und brachte 1832 den Straßenbau fertig.
Für die Familie Görlich machte sich jetzt der Bau eines Gedinghäusels nöthig, das Lichtner unten am Steg aufführte. Erst vor einigen Jahren erhielt es bei einer commissionellen Erhebung die Hausnummer 176, an Gebäudesteuer zahlt er pro Jahr 1650 kr. Ort.? Währung. Meister Görlich starb bald hernach, 75 Jahre alt. Von seinen Kindern zog Franz, seines Zeichens ein Schuhmacher ins Niederland und betrieb in Hainspach sein Handwerk. Dessen Sohn, ebenfalls Schuhmacher, gab alsbald sein Handwerk auf und errichtete eine Gastwirtschaft, für die er sich vermög seiner geselligen Umgangsformen und seines nie versiegenden Humors ganz vortrefflich eignete. Er endete durch Selbstmord, was diesen lebensfrohen jovialen Mann in den Tod getrieben, erfuhr Niemand. Des Schmiedmeisters zweiter Sohn, Filip, ein Weber, blieb unverehelicht und fand als Waldheger in Bürgstein den nothdürftigsten Lebensunterhalt. Er starb, ein angehender Achtziger. Von ihm wird erzählt, daß er in seinen jüngeren Jahren eine außerordentliche Muskelkraft besessen und von dieser zeitweilig Proben abgelegt habe, die man in ihm gar nicht vermuthet hätte, unter andern habe er einen Sack Kornmehl (1 Strich Maaß) mit den Zähnen ergriffen und so eine Strecke weit in ein Haus getragen. Das dritte seiner Kinder, Theresia, vulgo Schmiederesa, ebenfalls unverehelicht, wurde kurz vor ihrem Tode von einem Wagen überfahren und starb wie die Brüder, in schon vorgerückten Alter. Aus Meister Görlichs zweiter Ehe lebt noch ein Sohn Anton. In früheren Jahren Fabriksarbeiter, wohnt er jetzt, ein Achtziger, im hiesigen Gemeindehause und lebt von der Unterstützung seiner Mitbürger.
Wir sind am Ende unserer chronologischen Berichte. Zwei Jahrzehnte gingen dahin, so mußte der biedere Schänke, Wenzel Lichtner, sich entschließen, seines Besitzthum wegen Schuldenstand zu entäußern und verkaufte es im Jahre 1850 an Josef Oppelt, Fleischhauer aus Maxdorf, der sich am 14. Jänner mit Theresia Papert, einer Tochter des Bürgsteiner Niedermüller, verehelichte. Eine Anzahl Neuerungen gingen jetzt vor sich. Oppelt baute eine Schlachte, eine Kegelbahn und cassirte an der Stirnseite das Blumengärtchen und legte an dessen Stelle zur Bequemlichkeit der Fuhrleute einen großen freien Hofraum an. Dieser in wenig Jahren vollzogene Wechsel verlieh dem gesammten Besitzthum ein recht freundliches Aussehen und drückte ihm ein ganz neues Gepräge auf.


Anmerkungen von mir:
Irgend etwas schein bei dieser Chronik nicht ganz zu stimmen. In der Prager Zeitung vom 07. Juli 1833 fand ich nämlich folgende Anzeige über die Veräußerung des Hauses Nr. 54 in Bürgstein


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Weitere Nachrichten

1851. Bau der Bezirksstraße durch Bürgstein

1851 an einem Sontage im Jänner verüben gegen Abend 5-6 Husaren vom Regiment Kaiser Franz Josef einen argen Exzeß im Oppeltschen Gasthause, in dem sie auf die Weigerung des Gastwirtes, ihnen keine Getränke mehr verabreichen zu wollen, sich dadurch zu rächen müssen und sämmtliche Fenster in der Gaststube mit ihren Säbeln zertrümmern.

1854. Großes Preis- Kegelschieben während der Sommermonate

1856 am 7. Juli nachts um 1 Uhr kam bei dem Häusler Franz Zimmermann vulgo Eichel Büttner Nr. 53 in der Scheune Feuer aus, wodurch auch dessen Wohnhaus in Asche gelegt wurde. Das vis a vis befindliche Oppeltsche Gasthaus stand bei diesem Brande in großer Gefahr, ein Raub der Flammen zu werden. Ein heftiger Funkenregen überschüttete fortwährend die Schindelbedachung und hätte nicht ein Schornsteinfeger Franz Alber aus Johannesdorf, den Muth gehabt und sich auf das Dach zu begeben und in einemfort die entstandenen Flämmchen zu löschen, so wäre es ohnfehlbar? um das Gebäude geschehen. Leider sollte dem braven Mann bei seinem Rettungswerke ein schlimmes Malheur zustoßen, indem plötzlich die Leiter brach und er vom Dach stürzte und sich auf dem Straßenpflaster einige schwere Verletzungen zuzog. Der Verdacht, das Feuer gelegt zu haben, fiel auf den Sohn Wilhelm Zimmermann, und dieser Verdacht war so stark gravierend, daß der Vater Franz Zimmermann mit der versicherten Prämie 1200 Gulden leer ausging und noch froh sein mußte, von den Gerichten nicht beanständet zu werden. Auf der Brandstätte entstand kein Neubau mehr. Bald darauf erkaufte Josef Oppelt das Grundstück Nr. 53 um 400 fl. Conv. Münze.

1859 im Mai und Juni wurde die auf einen Bogen gewölbte u. überdies sehr schmale Schmiedebrücke durch einen Umbau bedeutend erweitert und auf zwei Bogen gewölbt.

1862
Ende Jänner segnete Josef Oppelt, Gastwirt und Fleischer, 32 Jahre alt, das Zeitliche.

1864 wurde unter dem Pächter Watzel ein Mautschranken vor dem Hause errichtet. Durch nahezu 15 Jahre führten nacheinander Watzel, Richter, Ant. Gampe, Ern. Bautsch, Ed. Steidel, Heinrich Helzel als Pächter die Schankwirtschaft, bis das väterliche Erbe der inzwischen großjährig gewordene Sohn Josef Oppelt übernahm.

1868 am 13. August wird hier die neugegründete Lesehalle in Bürgstein in einem dem Schanklokal gegenüber befindlichen Zimmer eröffnet. Dr. John, der Präses? des Vereines hielt am 19, 21, 23, 25 und 26 September daselbst öffentliche Vorlesungen, für die aber die Ortsbewohnerschaft sehr wenig Interesse entgegen brachte und sie deshalb auch schwach besucht waren.

1868 am 22. August gründete sich in Bürgstein eine freiwillige Feuerwehr. Die nächsten Tage begann man auf dem Oppeltschen Gartengrundstück mit dem Aufbau eines Steigerhauses, zu dem die Gräfin Elisabeth Kinsky in hochherziger Weise das nöthige Holz schenkte. Am 6. September wehte schon eine rothweiße Fahne auf der Spitze. Den ganzen Herbst hindurch wurden von der Feuerwehr hier Übungen aufgeführt. Das Oppeltsche Gasthaus wird als Vereinssitz bestimmt. Am Kirchweih Montag rückte die Feuerwehr das erstemal von hier zur Kirchenparade aus.

1870 verschwindet der weiße Löwe an der Stirnseite und ein neues Firma „Gasthaus zum Felsenkeller“ nimmt dessen Stelle ein.

1873 im Herbst wird der Steg am Gedinghäusel, der schon seit Jahren eingegangen und bei dessen Zusammensturz zwei hiesige junge Leute mit ins Wasser fielen, durch die Unterstützung einiger Ortsinsassen wieder hergestellt.

1882. Josef Oppelt ließ am Eingang zu seinem Bierkeller an der Felswand einen Brunnen graben und ihn mit einem Pumpwerk versehen. Zu den Herstellungsarbeiten haben 28 Ortsinsassen mit beigetragen. An der Felswand befindet sich eine auf das Jahr der Erbauung diesbezügliche Innschrift.

1882 im Sommer wird in dem Oppeltschen Garten an Stelle des stark von Wind und Wetter mitgenommenen Steigerhauses ein neues erbaut, das einen Kostenaufwand von 600 fl. erfordert. Am Kirchweihsontag fand nach dem Gottesdienst die Übergabe an die Feuerwehr statt. Der neue Bau war aus diesem Anlaß festlich mit Fahnen und Kränzen geschmückt. Zugführer Bernhard Fritsche hielt an die Mannschaft eine Rede und sprach Allen, die für das Zustandekommen des neuen Steigerhauses fördernd eingetreten sind, seinen Dank aus.

1884
am 16. März Sontagskonstituirt sich in Bürgstein der Leseverein „Eintracht“ und nimmt im Oppeltschen Gasthause seinen Sitz. Nach 10 monatlichen Bestande, im Jänner 1885, löst er sich wieder auf.

1885. Bei dem am 28. Juni in Bürgstein abgehaltenen Feuerwehrtage des Bezirksverbandes Haida, wobei sich cirka 900 auswärtige Feuerwehrmänner betheiligten, wurde im Beisein einer kollosalen Menschenmenge nach der ersten Übung noch eine zweite auf dem Oppeltschen Gasthause und auf dem Steigerhause vorgenommen..

1887. Bei dem am 19. Mai durch einen Wolkenbruch entstandenen Hochwasser wurden unfern in nächster Nähe des Oppeltschen Gasthauses befindliche Häuser ganz vom Wasser in a...ndirt?

1887 am 24. Oktober starb nach längerem Leiden der Gastwirt und Fleischer Josef Oppelt, 37 Jahre alt. Am 27. d. nachmittags wurde er begraben, die hiesigen Vereine, Veteranen, Turner und Feuerwehr, gaben ihm das Ehrengeleite. Die Witwe Maria Oppelt, geb. Mücke, führte die Schanknahrung und Fleischerei weiter.

1888. Der zwanzigjährige Gedenktag der Gründung unserer Feuerwehr wurde am 8. September unter zahlreicher Betheiligung der Ortsbewohnerschaft in feierlichster Weise begangen. Vor Beginn der nachmittags stattfindenden Übung hielt Franz Puhl jr. Auf dem jenseits der Straße befindlichen Oppeltschen Gartengrundstück die Festrede.
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