Häuslerleben

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Mario
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Häuslerleben

Beitrag von Mario »

In einer Abhandlung "Aufriss einer vergleichenden Naturgeschichte der deutschen Dörfer Mährens" in Heft 9/10 der Zeitschrift "Deutsch-mähr. Schlees. Heimat" schreibt Erhard Gottfried Bürger: "Der Leser des obigen hat sicher schon mehrmals nach den Siedlungen gefragt, die die Mitte des Dorfes füllen. Wir meinen die Häuser der kleinen Leute, die von diesen ihre soziale Rangbezeichnung haben und "Häusler" heißen. - Die Häusler sitzen vor allem in der Au, im Überschwemmungsgebiete, dem man bei Anlage des Dorfes so sorgsam auswich. Sie kamen auch nicht freiwillig dahin. Die Dorfflur war aufgeteilt, und als in der Entwicklung der sozialen und rechtlichen Verhältnisse für unsere Reihenhofbauern die Zeit der Grundholdenschaft und Leibeigenschaft kam, als die freie mittelalterliche Bauerngemeinde ihre Gemeindebesitzungen verlor, die Au, den Viebich (der Viehweg, Gemeindeweide) und den Wald, und diese an die Grundherrschaft übergingen, wurden die der Freizügigkeit beraubten Nachkommen der Bauern zum Teile auf dem ehemaligen Gemeindegrunde angesiedelt. Untertanenraison begründete jene zweite Garnitur von Siedlungen im Reihendorfe. Frei und unbeengt konnten die Vorfahren die Bauernhöfe anlegen, zusammengedrängt auf Boden, der vordem gemieden wurde, siedelte man die Nachkommen an. So ist die Häuslersiedlung in der Au und auf dem Viebich ein Dokument der rechtlichen und räumlichen Beengung geworden."
Wohl hat schon mancher Wanderer kopfschüttelnd die Häuslerwohnungen entlang tief eingeschnittener Bäche beobachtet, die bei Schneeschmelze und Regengüssen in Wassernot kommen müssen. Soziales Schicksal vergangener Jahrhunderte!

Quelle: Mitteilungen des Nordböhmischen Vereins für Heimatforschung und Wanderpflege (Band 51)
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