Zur Ortsgeschichte von Kottowitz

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Mario
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Zur Ortsgeschichte von Kottowitz

Beitrag von Mario »

KOTTOWITZ/STEINEWAND
Zur Gemeinde Kottowitz gehört auch der am Fuße des Kottowitzer Berges (auch Kasper- oder Lausitzerberg genannt) beiderseits der Kaiserstraße Haida-Leipa liegende Ortsteil Steinewand. Er ist eine kleine Siedlung unterhalb des Sandsteinrückens "Kamm" (370 m), an dem an mehreren Stellen Sandstein für Bauzwecke gebrochen wurde. Der Name Steinewand ist in der ersten Bürgsteiner Kirchenmatrik (1640-1656) enthalten. Im Jahre 1656 wurde Kottowitz mit Steinewand dem Langenauer Kirchsprengel zugeteilt. Steinewand bestand im Jahre 1722 aus drei Gehöften, 1900 aus fünf Gehöften und acht Häusern. Bis 1928 war auch Neukottowitz auf dem Kamm ein Ortsteil von Kottowitz. 1873 wurden hier in der Trieschfelder genannten Flur die ersten acht Häuser gebaut. Das Wort Triesch stammt aus dem mittelhochdeutsch driesch und bedeutet unangebautes Land oder ungepflegten, ertraglosen Acker. Bis 1903 war Neukottowitz auf 48 Häuser angewachsen. Da sich im Laufe der Jahre die Stadt Haida bis nach Neukottowitz ausdehnte, wurde im Jahre 1928 der Kamm bzw. Neukottowitz von der Stadt Haida eingemeindet. Die Gemeinde Kottowitz verlor dadurch ein breites Stück Gemeindeflur und fast die Hälfte der Einwohner. Für die Einwohner von Neukottowitz bemühte sich der Haidaer Stadtpfarrer Karl Watzina (er vertrat im Jahre 1897 die Bürgsteiner Pfarre) um den Bau und die Ausstattung einer Ortskapelle, die er im Sommer 1882 einweihen konnte, und schenkte ihr das Glöckel, das in dem Türmchen des 1870 aufgelassenen Piaristen-Kollegiums in Haida seinen Platz gehabt hatte. Von dieser Kapelle besteht keine Abbildung. Durch das alte Dorf Kottowitz, dessen Gehöfte und Häuser auffallend eng aneinander gebaut waren, schlängelt sich ein kleiner Bach, der am Fuße des Kottowitzer Berges entspringt. Im Ortsteil Steinewand ist der Bach in einer Senke vor einem Felsen zu einem Teich gestaut, dessen Wasser die Antriebskraft für das Mühlrad der auf dem Felsen errichteten Packelmühle lieferte. Der Name "Packel"-Mühle rührt davon her, daß seit ca. 1850 hier der damals gebräuchliche Kaffeezusatz bzw. Ersatz Zichorie (in der Mundart Ziguri) aus der bitter schmeckenden, gerösteten Wurzel der Wegwarte gemahlen und in Pakete gefüllt wurde. Später war darin die Schleifmühle der Haidaer Glasraffinerie Proft eingerichtet. Hinter der Mühle stürzt das Bächlein über eine 12 m tiefe Felswand in das Packelloch hinunter, eine mit Nadelholz und Sträuchern bewachsene Rinne. Östlich vom Dorf fließt es breiter und flacher durch sumpfiges Gelände und setzte bis 1917 am Rande von Johannesdorf das Mühlrad der Lochmühle des Josef Fischer in Gang. Dahinter war es zum sogenannten Maschinenteich dzw. Mühlteich gestaut und trieb die Turbine des Sägewerkes Gustav Palme an. Schließlich mündet der Kottowitzer Bach unterhalb des Zigeunergrundes in den Kleisbach. Das Langenauer Gedenkbuch meldet aus dem Jahre 1741: "Kottowitz hat ihr eigenes von unterschiedlichen Gutthätern geschaftes Glöckel, so 40 fl. (Gulden) kostet, auf einer hölzernen aufgebauten Kapellen (aus dem Jahre 1726), womit zum Ave Maria, auch wann eine Leiche nach Langenau getragen wird, geläutet wird. Es kommen die Kottowitzer wenig nach Langenau in die Kirche, weil sie nach Bürgstein näheren und leichteren Weg haben, wo hingegen die Haydaer und Langenauer, als Bürgsteiner Kirchenkinder, desto häufiger auf Langenau kommen."
Als im Jahre 1747 in Haida eine Kirche erbaut war (aus Holz, Vorläuferin der 1786 gebauten Stadtkirche), gingen die Kottowitzer auch nicht mehr so häufig nach Bürgstein, sondern nach Haida in die Kirche, weil sie dahin noch näheren und leichteren Weg hatten.
An Stelle der auf dem Dorfplatz in Kottowitz stehenden hölzernen Kapelle wurde im Jahre 1777 eine steinerne Kapelle gebaut und im selben Jahre zu "Maria Heimsuchung" eingeweiht (2. Juli), worüber die Aufschrift oberhalb der Eingangstüre Auskunft gibt. Im Jahre 1880 wurde der über hundert Jahre alte Turmkopf entfernt und das Schindeldach durch Blech ersetzt. Um 1790 machte ein Bewohner namens Christoph Müller, Sohn des 1783 verstorbenen Joh. Christoph Müller, seit 1765 Besitzer des Hauses Nr. 37, viel von sich reden. Er benützte jede Gelegenheit, wo er irgendeinem Juden einen Schabernack spielen konnte; in finsterer Nacht war ihm der Weg von Kottowitz bis Leipa nicht zu weit, um an den Judenwohnungen allerlei Unfug zu treiben, z.B. mit einer Säge versehen, sägte er an den niedrigen Dächern der Judenhäuser. Da er von einem so eigentümlichen Ausfluge nicht mehr zurückkehrte, so glaubte man in Kottowitz allgemein, er wäre von den Juden ertappt und beseitigt worden.
An der Weggabel, wo Kottowitzer und Pihler Gemeindeflur aneinandergrenzen, errichtete der Bauer und Gastwirt Joh. Wenzel Helzel im Jahre 1813 zu Ehren der Gottesmutter einen Maria-Bildstock, die fortan genannte "Helzel-Kapelle". 1855 versah der in Kottowitz ansässige Kunstmaler Franz Werner die Vorderseite mit einem Marienbild, die Seitenwände mit einem Bildnis des heiligen Landespatrons Wenzel und mit einem Landschaftsbild, das einen bei drohendem Unwetter zum Himmel aufblickenden Bauern darstellt. Kapelle und Bildnisse sind heute vollständig zerstört.
Den Zusatz "Bad" (Bad Kottowitz) erhielt Kottowitz, als derselbe Kapellenstifter im Jahre 1838 das Wasser einer Quelle im Moorgrund neben seinem Hofe untersuchen ließ, und da es als heilkräftig befunden wurde, erweiterte er seine Hofgebäude für einen Bade- und Trinkkurbetrieb. Der Zustrom von Kurgästen blieb nicht aus. Im Laufe der Jahre erschöpfte sich aber das moor, so daß der kurbetrieb eingestellt werden mußte. Helzels Gasthof blieb jedoch seitdem ein beliebtes Ausflugsziel.


Quelle: Ortsgeschichte von Bürgstein in Nordböhmen (Seite 393-395)
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